Comic-Empfehlung: DIE LEICHTIGKEIT von Catherine Meurisse
Im Dezember 2016 ist die wunderschöne autobiografische Graphic Novel „Die Leichtigkeit“ von Catherine Meurisse erschienen. Ein absolute PICTOPIA-Empfehlung, die ihr über unseren Online-Shop oder direkt im Lager kaufen könnt.
DIE LEICHTIGKEIT von Catherine Meurisse, Carlsen
144 Seiten, In Farbe, Hardcover, 20 x 26,50 cm
ISBN 9783551734242
Preis: 20,60 EUR
Catherine Meurisse war Zeichnerin bei dem Satiremagazin „Charlie Hebdo“, als zwei islamistische Terroristen die Redaktionsräume am 7. Januar 2014 stürmten und insgesamt 12 Menschen brutal niederschossen. Dass Meurisse selbst verschont blieb, verdankt sie allein dem Umstand, dass sie an jenem verhängnisvollen Tag zu spät zur Arbeit kam.
In „Die Leichtigkeit“ erzählt Meurisse von dem Tag des Anschlags und vor allem von der Zeit danach, als sie sich in einem Zustand der psychischen Erstarrung befand, mit der ein allmählicher und schleichender partieller Gedächtnisverlust einherging. An ihre Kollegen und die Zeit um den Anschlag herum kann sie sich kaum noch erinnern, ebenso empfindet sie nichts mehr beim Lesen ihrer Lieblingsschriftsteller und Betrachten von Gemälden. Die Autorin versucht diesem Zustand der „Ich-Dissoziation“, welcher eine normale Reaktion auf traumatische Erlebnisse ist, zu entfliehen. Diese Fluchtversuche führen zum Psychiater, ans Meer oder nach Cabourg, dem Urlaubsort von Meurisses Lieblingsschriftsteller Marcel Proust. Ihre Ablenkungs- und Therapieversuche scheinen aber die Bewältigung ihres Traumas nicht voranzubringen. Auch zehn Monate nach dem Anschlag hat sich der seelische Zustand von ihr nicht wirklich verbessert.
Schließlich gelangt sie intuitiv zu der Einsicht, dass sie das „Stendhal-Syndrom“ bei sich auslösen muss. Diese kuriose psychosomatische Störung tritt bei einer kulturellen Reizüberflutung auf und äußert sich in Wahrnehmungsstörungen und Panikattacken. Sie hofft mithilfe des Stendhal-Syndroms ihr Trauma zu verdrängen und wieder einen Zugang zu der Schönheit der Dinge zu finden. Davon ausgehend beschließt sie nach Rom zu fahren, wo sie in der Künstlerresidenz Villa Medici gastiert. In der Stadt angekommen besucht sie deren Kirchen, Ruinen und Museen. Sie unternimmt den Versuch durch die Schönheit der Dinge ihren Schmerz zu verdrängen.
„Die Leichtigkeit“ erzählt auf sehr persönliche Weise von dem schockierenden Terror-Anschlag auf Charlie Hebdo, gleitet dabei aber nie ins Pathetische oder in Selbstbemitleidung ab, sondern ist immer auch selbstironisch und von einer erheiternden Komik durchdrungen. Es ist ein Wechsel zwischen Karikatur und Träumerei, der sich auch im Zeichenstil wiederspiegelt. Klassische pointierte Comic-Strips in Schwarzweiss wechseln sich mit wunderschönen doppelseitigen Aquarellbildern ab. Ihr beschwingter und expressiver schlichter Strich sitzt dabei erzählerisch und bildkompositorisch immer perfekt und erzählt die Geschichte scheinbar mühelos, was das Leseerlebnis auch ästhetisch zu einem sinnlichen Genuß geraten lässt. Catherine Meurisse gelingt das Meisterstück den Leserinnen einen Einblick in ihre traumatische Erfahrung zu vermitteln und sie gleichzeitig mit einem Gefühl der Hoffnung zurückzulassen. Einer Hoffnung, die nur in der Schönheit der Kunst zu finden ist.
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