Ganz große Empfehlung: ESTHERS TAGEBÜCHER von Riad Sattouf
Mit dem ersten Band von ESTHERS TAGEBÜCHER: Mein Leben als Zehnjährige ist dem französischen Comicautor Riad Sattouf, dessen Reihe „Der Araber von morgen“ bereits in 13 Sprachen übersetzt wurde, erneut ein großer erzählerischer Wurf gelungen.
Esther ist ein „ganz normales“ Mädchen, welches eine gut behütete Kindheit im Schoße ihrer Mittelschichtsfamilie in einem Pariser Arrondissement erlebt. Sie ist die kleine Schwester ihres sie schwer nervenden Bruders und die Tochter ihres Vaters, den sie über alles stellt. Just mit diesem Vater ist Comic-Star Riad Sattouf privat befreundet, was sich als ein echter Glücksfall für Comiclesende weltweit herausgestellt hat. Denn das kleine Mädchen hat dem Autor über ein Jahr hinweg jede Woche eine authentische Episode aus ihrem Leben erzählt und Sattouf hat diese wahren Erlebnisse der Zehnjährigen in Comicform festgehalten.
Ebenso anrührend wie witzig, mal auch ironisch bis sarkastisch ist der erste Band von ESTHERS TAGEBÜCHER ein Triumph des humorvollen Comicerzählens, das auf eine Stufe mit den besten Comics von René Goscinny und Joann Sfar gestellt werden kann. Erzählerisch perfekt komponierte Minikomödien, die immer auf einer abgeschlossenen Seite dargestellt werden, legen Zeugnis ab von dem großen Cartooning-Talent Sattoufs: jeder Strich, jede Farbgebung, Geste oder Mimik sitzen scheinbar mühelos immer genau richtig.
Die höchst komischen Erzählungen handeln vom „bescheuerten“ Bruder, dem „tollen“ Vater, den „blöden Jungs“ in der Schule, von der „hässlichen“ Lehrerin oder von Esthers nicht unkomplexen Beziehungen zu ihren gleichaltrigen Freundinnen. Neben diesen sehr alltäglichen Themen für eine Zehnjährige finden auch dramatische Ereignisse im Leben des jungen Mädchen statt: zum Beispiel als Esther sich von ihrer neuen Freundin aus dem Ferienlager trennen muss, sie die Nicht-Existenz des Weihnachtsmann herausfindet oder sie für 10 Minuten ihren ersten Freund hat.Und Esthers Leben ist natürlich nicht idyllisch von der Entwicklung der Welt abgeschnitten: Iphone, Youporn und terroristische Anschläge werden, neben ihren zeitlosen Familienproblemen, ebenso angesprochen.
Sattouf zeichnet Esthers Tagebuch in seinem wunderbar humorvollen Stil, der trotz der karikierenden Art Sympathie und vor allem Empathie bei den Lesenden evoziert. Eine besondere Stärke von ESTHERS TAGEBÜCHER liegt in dem Humanismus, aus dem heraus Riad Sattouf erzählt, und in dem starken Gefühl von Authentizität, das beim Lesen aufkommt. Wenn Esther weint oder Angst hat, dann bringt Sattouf die ganze Dramatik und Stärke der Gefühle, unglaublich gekonnt auf Papier. Als Leser bekommt man stets einen authentischen, überraschend profunden und zutiefst menschlichen Einblick in die Gedankenwelt von Heranwachsenden.
Die ganzseitigen Strips, die jede Woche in dem französischen Nachrichtenmagazin L’Obs erscheinen, sind ein großangelegtes Langzeitprojekt: Riad Sattouf will Esther zeichnerisch bis zu ihrem 18. Geburtstag begleiten und dadurch ihr Erwachsenwerden in Comicform dokumentieren – sozusagen das Comic-Pendant zu Richard Linklaters BOYHOOD. Es ist also zu hoffen, dass die Vollendung dieses Langzeitprojekts gelingt, schließlich wären ESTHERS TAGEBÜCHER dann ein großartiges und noch nie dagewesenes Comicwerk, das mit seinem lustigen und berührenden Strich Zeugnis über unsere Zeit abgäbe und
was es bedeutet, in ihr aufzuwachsen.
Esthers Tagebücher: Mein Leben als Zehnjährige
Von Riad Sattouf, Verlag: Reprodukt
Hardcover, 24 x 30 cm, 56 Seiten, In Farbe
ISBN: 9783956401183
Preis: 20,60 EUR
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