Jack Kirby, King of Comics
Jack Kirby, einer der einflussreichsten Comickünstler des zwanzigsten Jahrhunderts und Begründer des Marvel Superheldenuniversums, wäre am 28.08.2017 100 Jahre alt geworden. Ein Anlass, um auf einen titanischen Künstler zurückzublicken.
Geboren als Jacob Kurtzberg in der Lower East Side von New York kennt der Sohn jüdischer Einwanderer, der sich später den „amerikanischen“ Künstlernamen Jack Kirby gibt, in seiner Kindheit schwere Armut und Entbehrungen. Er zeichnet auf Gehsteigen und Straßenwänden, träumt vom sozialen Aufstieg und ist begeistert von Zeitungscomicstrips, dem Kino und Science Fiction-Romanen. Kirby´s professioneller Beginn als Comiczeichner fällt zusammen mit dem Aufkommen der ersten Comichefte in den USA. Die erzählerischen Möglichkeiten eines Hefts – auf mehr Seiten können nun längere Geschichten erzählt werden als in einem Zeitungs-Strip – kommen dem geborenen Comicerzähler gerade recht und er verfasst hunderte Kurzgeschichten in unterschiedlichen Genres: Western, Horror, Superhelden (für die er früh bereits die Figur des Captain America erschafft) und Romance Comics – ein für die Comics gänzlich neues Genre, welches Kirby mitbegründet und das zum ersten Mal in den USA ein breites Mädchenpublikum zu Comicleserinnen macht.
Im zweiten Weltkrieg tötet er als Infanterist gegnerische Wehrmachtssoldaten, erlebt die Auflösung eines Konzentrationslagers mit und leidet fortan an einem posttraumatischen Stresssyndrom. Kirby wird zusätzlich von Existenzängsten geplagt, er will unbedingt die finanzielle Sicherheit für seine wachsende Familie garantieren und wirft sich in seine Arbeit für Marvel.
Im Alleingang verfasst er eine enorme Anzahl von fortlaufenden Serien (teilweise über 60 Seiten im Monat, die er überwiegend selbst schreibt und zeichnet mit minimalen Input von Stan Lee, nebst mehreren Covers) und sein grafischer Erzählstil wird dadurch immer heftiger, abstrakter und unglaublich dynamisch. Trotz dieses unübertroffenen Seiten-Outputs des bekennend kommerziellen Künstlers findet sich nun keine Geschichte mehr, die sich als Fließbandarbeit liest. Aus seinem Bleistift strömen kosmisch-psychedelische Superheldensagas mit Figuren, deren emotionales Innenleben vielschichtig und realistisch geworden ist, da Kirby die Erzähltraditionen der Superhelden mit jenen der emotional intensiveren Romance Comics fusioniert hat.
Die Fantastic Four, Avengers, X-Men, Thor, Hulk, Silver Surfer, Black Panther und viele andere ikonische Superhelden gehen auf sein kreatives Konto. Marvels Chefredakteur Stan Lee betextet und dialogisiert die von Kirby im Alleingang entworfenen Geschichten und gibt sich für diese reine Texterarbeit den Titel des „Schreibers“ dieser Comics.
Kirby fühlt sich von Lee und Marvel ausgebeutet und wechselt zum Konkurrenzverlag DC, wo er sein Opus Magnum entwirft: die Fourth World, ein mythologisches Superhelden-Epos, in dem Kirby Aspekte aus der Bibel mit Elementen der nordischen Göttersaga kombiniert und diese in einen modernen Genre-Mix aus Science-Fiction und Superhelden einbaut. In großer Dringlichkeit behandelt er persönlichere Themen wie Vater-Sohn-Beziehungen, seine jüdische Identität, Militarismuskritik und er lässt sein progressives politisches Weltbild in die Fourth World-Reihe einfließen. Noch nie wurde in kommerziellen Kioskcomics so existenziell und auf einem konzeptuell derart komplexem Niveau erzählt.
Viele andere Comic-Serien wie etwa Demon, Kamandi, Eternals, 2001 A Space Odyssey (eine Adaption) und Captain Victory folgen bis in die 80er Jahre. Kirby arbeitet nun auch für Zeichentrickstudios, wo die Bezahlung weitaus besser ist und er langsam sein Arbeitspensum reduziert. In seiner Freizeit ist er Mentor für etliche Nachwuchstalente, bis er 1994 an einem Herzversagen stirbt. Das mythische Feuer auf seinen Seiten brennt weiter.
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