„Nicht ins Dunkel“: Karikaturen-Adventkalendar zum Thema Behinderung
Franz-Josef Huainigg, früherer ÖVP-Behindertensprecher im Nationalrat, kritisiert die angeblich „klischeehafte“ Art und Weise, in welcher behinderte Menschen in der ORF-TV-Sendung „Licht ins Dunkel“ dargestellt werden. Huainigg empfindet diese Darstellungsweise als seine Würde als behinderter Mensch verletzend und hat vor kurzem einen Karikaturenwettbewerb gestartet, um möglichst viele Zeichnungen zu diesem Thema zu bekommen.
Die besten Beiträge sind nun in Form eines Adventkalendars zusammengestellt.
Hier ist der Link zum Adventkalender, man kann online auch noch Jury sein und über die Beiträge abstimmen.
Franz-Josef Huainigg, seit früher Kindheit behindert, war bis 2008 Abgeordneter im Nationalrat und ÖVP-Behindertensprecher.
Nachtrag am 02.03.09: Michael Wittmann, dessen Beitrag hier auch abgebildet ist, hat den Karikaturenwettberwerb von NICHT INS DUNKEL gewonnen. Aus diesem Anlaß heraus hielt er eine Rede im Parlament. Hier ein Auszug:
„Sehr geehrte Damen und Herren, lieber Franz Joseph, liebe ParlamentsmitarbeiterInnen der ÖVP, liebe Gäste,
Mitte Oktober vorigen Jahres habe ich von meinem Freund und Zeichnerkollegen Gerhard Förster erfahren, dass Franz Joseph Huainigg auf seiner Homepage einen Adventkalender einrichten würde, mit Cartoons zum Thema “Licht ins Dunkel³, oder besser “Nicht ins Dunkel³. Ich hatte mich zu diesem Zeitpunkt noch nie mit dem Leben oder den Anliegen behinderter Menschen beschäftigt und auch die Sendung “Licht ins Dunkel³ hatte ich – ich muss es gestehen noch nie gesehen.
Ich hatte also keine Ahnung.
Ich musste mich erst einmal darüber informieren, wer Franz Joseph Huainigg ist und worum es da überhaupt geht.
Und ich bin sehr bald draufgekommen, dass viele behinderte Menschen und Behindertenorganisationen eine Stinkwut haben auf den ORF und auf den Verein Licht ins Dunkel wegen dieser Sendung. Hauptkritikpunkt dabei ist, dass die mediale Inszenierung “Licht ins Dunkel³ für behinderte Menschen nur eine Rolle vorgesehen hat: Nämlich die als Objekt des kollektiven Mitleids, das es mit allen Mitteln zu erzeugen gilt.
Behinderte Menschen werden in die Planung und Gestaltung der Sendung nicht einbezogen, obwohl es seit Jahren Angebote der Behindertenorganisationen an den ORF und an den Verein Licht ins Dunkel gibt. Zynisches Argument der Verantwortlichen dafür: Wir machen die Sendung nicht für Behinderte wir machen die Sendung für Nichtbehinderte.
Und wenn da zur Weihnachtszeit wieder einmal die Mitleidsmasche abgespult wird und wie so oft bei Spendenaufrufen darum gebeten wird, ein Zeichen zu setzen, scheint es mir schon plausibel, dass dieses Zeichen für einen behinderten Menschen darin besteht, den Fernseher beim Fenster rauszuwerfen. Und das war der Gag für meinen Cartoon.
Ich möchte ergänzen, dass der ORF meines Erachtens mit dieser Sendung seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag nicht erfüllt, nicht objektiv informiert, nicht dem Dialog, nicht der Auseinandersetzung unterschiedlicher Sichtweisen dient. Behinderte Menschen werden in “Licht ins Dunkel³ dargestellt als Opfer von Schicksalsschlägen, die auf die Mildtätigkeit des Publikums angewiesen sind und die diese Mildtätigkeit mit großer Dankbarkeit anzunehmen haben:
Die Sichtweise, die Franz Joseph Huainigg dagegen immer wieder vertreten hat, dass behinderte Menschen von ihrer Umgebung behindert werden, die findet in “Licht ins Dunkel³ keinen Platz.
Nach dem Ergebnis der letzten Nationalratswahl und auf Grund der Kandidatenreihung auf der ÖVP-Liste hat Franz Joseph Huainigg keinen Sitz im Nationalrat mehr. Ich weiss nicht, ob er damit Behindertensprecher bleiben kann. Aber ich würde mir wünschen, dass alle Abgeordneten des Nationalrats, egal welcher Partei, die Massnahmen, die sie vorbereiten und beschliessen, aus dem Blickwinkel behinderter Menschen sehen könnten. Vor allem die Bildungspolitiker und vor allem die Sozialpolitiker. Denn mehr als durch ihre speziellen Bedürfnisse und Benachteiligungen werden behinderte Menschen durch ein gesellschaftliches Klima eingeschränkt, das davon ausgeht, dass man Menschen einteilen muss in vollwertige und minderwertige. Und ich fürchte, dieses Bewusstsein ist in unseren Bildungsinstitutionen und sozialstaatlichen Einrichtungen noch anzutreffen.
Dabei gibt es in der politischen Diskussion seit Jahren vernünftige Ansätze, wie diesem Bewusstsein wirksam begegnet werden könnte.
Ich bin davon überzeugt, dass eine gemeinsame Schule für alle zehn- bis vierzehnjährigen mehr für die Integration behinderter Menschen erreichen könnte als alle Behindertenschutz- und Hilfsmaßnahmen, die hier in diesem Haus in einer Legislaturperiode beschlossen werden. Und ich bin davon überzeugt, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle mehr für die Absicherung behinderter Menschen bewirken könnte, als alle speziellen Zuschüsse und Hilfen.
Mit dem Appell, darüber nachzudenken und es bitte auch den Damen und Herren Abgeordneten weiterzusagen, möchte ich schließen.
Ich danke Franz Joseph Huainigg für seine Initiative, ich danke den Besuchern seiner Website für ihre Wahl, ich danke für das schöne Preisgeld und dafür, dass ich mich ab heute „preisgekrönter Cartoonist“ nennen darf. Danke schön!“
(Rede-Text Copyright Michael Wittmann 2009)
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